Wer kennt das nicht? Viele Entspannungssuchende möchten sich Alben mit entspannender Musik zulegen. Dazu stöbern Sie – sofern Sie keinen konkreten Interpreten kennen – in diversen Suchlisten von Amazon, iTunes oder anderen Online-Anbietern und geben als Suchbegriff, Entspannungsmusik, Entspannung, oder je nach Anwendungsbereich Yoga, Mediation oder Wellness ein.
Auch ich habe vor 11 Jahren erstmals den Begriff Entspannungsmusik in meine CD Titel integriert – schließlich sollten meine Kunden auch wissen was sie erwartet. Damals gab es noch keine Streaming-Kanäle und der Markt an Wellnessprodukten war einigermaßen überschaubar.
Wer heute aber auf Apple Music oder Spotify entspannte Alben sucht, findet hunderte von Ergebnissen mit den gleichen billigen schlafendeFrauamStrandunterpalmenliegend-Covern und fragwürdigen Interpretennamen und braucht viel Geduld ein wirklich gutes Album zu entdecken.
Der Grund dafür liegt in der Verfahrensweise der Musikindustrie, Downloads von MP3s zu generieren:
Prinzipiell kann jeder Mensch (jeder!) für rund 70 Euro im Jahr einen Account bei tunecore, cdbaby oder anderen digitalen Vertrieben anlegen und seine Musiktitel hochladen (sofern man die Rechte besitzt). Die Vertriebe leiten die Musik dann an alle Internet-Plattformen weltweit weiter. Bei ca. 1000 Alben, die täglich veröffentlicht werden, wird dabei nicht überprüft, ob dieser Mensch ein ernstzunehmender Künstler ist. Er muss lediglich ein paypal-Konto nachweisen. Wenn ein unbekannter Künstler Erfolg haben will, muss er sich einen Interpretennamen oder einen Albumtitel ausdenken, der zumindest das Genre enthält damit er in den entsprechenden Suchlisten auftaucht. Eine Vorgehensweise, die von den digitalen Vertrieben sogar empfohlen wird.
Leider gibt es aber Künstler/Firmen/Unternehmen die damit echt Schindluder betreiben und zwar so: Man nehme ein Tonstudio und lege einige Tonspuren an. Auf einer Spur kommt ein Liegeton, auf eine andere Spur eine Panflöte, eine Spur enthält Wind, Wellen oder Wald. Jetzt improvisiert man für eine Stunde, in dem man möglichst nichts macht. Und fertig ist das Stück, daß dann als Ganzes angeboten werden kann. Dann nimmt man dieselben Spuren und variiert sie. Man nimmt Wald statt Wellen, Gitarre statt Panflöte und hat ein zweites Album fix und fertig. Dann zerschneidet man die beiden Stücke in kleine Häppchen zu 3 bis 7 Minuten und gibt ihnen zauberhafte Namen. Und produziert 26 weiter Alben, mit jeweils unterschiedlichen Interpretennamen, die keinen Sinn ergeben, aber aus möglichst vielen Schlüsselbegriffen bestehen (z. B.: Zen Buddhismus Regeneration Sammlung) und unterschiedlichen Albumnamen und Musiktiteln nach dem gleichen Muster (z. B.: Entspannungsmusik, Heilende Geräusche der Natur, Hintergrund Musik und Regeneration, Gelassenheit, Musik für Tiefenentspannung, Meditation Musik). Wenn ein digitaler Vertrieb den Schwindel bemerkt und das Album aus den Portalen entfernt, produziert man einfach ein neues unter anderem Namen.
Damit Sie nicht auf diese Unternehmen hereinfallen, hier die wichtigsten Tipps:
1. Kaufen Sie nur Alben, die auch als CD angeboten werden.
Alben, die es nur in der mp3 Version gibt, müssen im Gegensatz zu einer CD nicht lizensiert werden. Sie sind nicht bei der GEMA angemeldet und sie haben keine Gewähr, dass die Musik von einem echten Künstler, mit einem künstlerischen Anspruch (bzw. mit dem Anspruch entspannende Musik zu produzieren) stammt.
2. Finger weg von „Schüsselbegriff-Interpreten.
Ein Interpret mit dem Namen „Yoga Akademie Entspannung Musik für Babys“ hat weder den Anspruch Yogatauglich zu sein, noch für Babys geeignet zu sein. Solche Interpretennamen, die sich aus verschiedenen Schlüsselbegriffen zusammensetzen, dienen nur dazu in vielen Suchlisten möglichst weit vorne aufzutauchen. Begriffe wie „Akademie“, „Club“, „Schule“ oder „Ensemble“ werden beim Hochladen auf das Internetportal „Itunes“ als Bandname anerkannt. Der Missbrauch ist daher schwer zu erkennen.
3. Achten Sie auf Rechtschreibfehler
Mp3-Alben mit Rechtschreibfehlern sind garantiert im Ausland produziert und für den deutschen Markt entsprechend bearbeitet.
4. Überprüfen Sie die Hörbeispiele mit der Shazam App:
Hören Sie sich die Hörproben an und halten Sie Ihr Smartphone an den Lautsprecher. Starten Sie die Shazam App bis der Titel erkannt wird: Wenn jetzt Album und Titel nicht identisch sind, sollten Sie die Finger davon lassen. Sie haben die Musik möglicherweise schon längst gekauft.
5. Recherchieren Sie die Interpretennamen im Internet. Ernsthafte Künstler, die keine Homepage oder keinen Blog haben, gibt es nicht.